b. 30.11.2006

Rede
30.11.2006 – Volker Schneider
Rente mit 67 - bittere Pille mit Risiken und Nebenwirkungen

DIE LINKE. lehnt die Rente mit 67 ab und stellt eigenen Antrag für eine sozial gerechte Rentenreform

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Rente mit 67" bedeutet im Wesentlichen: Rentenkürzung für Ältere, zusätzliche Arbeitslosigkeit für Jüngere und den untauglichen Versuch, soziale Härten zu mindern, indem man neue Ungerechtigkeiten schafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Schlimmste ist aber, dass diese bittere Pille trotz solcher Risiken und Nebenwirkungen nahezu wirkungslos ist. Sicher, die Menschen werden älter und beziehen länger Rente. Da bietet es sich doch an, diese Menschen länger arbeiten zu lassen. An den Stammtischen im Sauerland ist das jedem klar und für jeden logisch. Seriöse Rentenpolitik würde aber die Frage "Was bringt das?" stellen. Die Sozialverbände haben schon frühzeitig geschätzt: maximal einen halben Beitragspunkt.

Immerhin fällt Ihnen noch auf, dass nicht wenige unter den 65-Jährigen aufgrund der physischen und/oder psychischen Belastungen ihres bisherigen Arbeitslebens kaum in der Lage sind, zwei weitere Arbeitsjahre anzuhängen. Dieses Problem glauben Sie ganz einfach lösen zu können, indem Sie denjenigen, die auf 45 Beitragsjahre kommen, weiterhin erlauben, mit 65 Jahren in Rente zu gehen.

Ein einfacher Blick in die Rentenzugangsstatistik hätte Sie warnen können, nein, warnen müssen. Er hätte Ihnen gezeigt, dass Sie sich mit dieser Überlegung auf dem Holzweg befinden. Herr Müntefering, der Maurer, von dem Sie annahmen, dass er weiterhin mit 65 Jahren in Rente gehen kann, da er auf 45 Beitragsjahre kommt, ist schlicht ein Phantom. Statistisch betrachtet hätte dieser aufgrund der durchschnittlichen Erwerbslosigkeitszeiten sein Berufsleben mit neun Jahren beginnen müssen, um die erforderlichen Beitragsjahre zu erreichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Studie der Deutschen Rentenversicherung zeigt die tatsächlichen Ergebnisse der geplanten Ausnahmen. Ihr Plan lindert nicht Härten, er verschärft sie. Dass Arbeitnehmer mit mehr als 45 Beitragsjahren auch künftig im Alter von 65 Jahren eine Rente ohne Abschläge beantragen können, bedeutet nach dieser Studie - ich zitiere - "eine Umverteilung von unten nach oben, das heißt, von den Schwächeren zu den Stärkeren." In den Genuss dieser Regelung werden nur selten Frauen und Geringverdiener kommen. Profitieren werden die männlichen Gutverdiener. Zudem dürfte diese Regelung verfassungswidrig sein, weil gleiche Beitragszahlungen zu deutlich unterschiedlichen Rentenansprüchen führen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dank der Ausnahme bleiben noch bescheidene 0,2 bis 0,3 Beitragspunkte Ersparnis, rechnet Ihnen die Deutsche Rentenversicherung vor.

Weil Sie bei dieser Reform eine Politik aus dem Bauch bevorzugen, anstatt Ihren Verstand zu benutzen, ignorieren Sie auch die arbeitsmarktpolitischen Folgen dieses Projektes: Genau dann, wenn das Renteneintrittsalter vollständig bei 67 Jahren liegt, kommen die geburtenstarken Jahrgänge der 60er-Jahre ins Rentenalter. Wenn zu wenig Ältere aus dem Arbeitsleben ausscheiden, bedeutet das für viele Jüngere die Arbeitslosigkeit; es sei denn, dass an anderer Stelle gleichzeitig neue Jobs entstehen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat einen Bedarf von 3 Millionen zusätzlichen Arbeitsplätzen errechnet. Ihre bescheidenen Einsparungen in der Rentenversicherung werden Sie in der Arbeitslosenversicherung unmittelbar verfrühstücken müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Fazit: Die Rente mit 67 wird die Probleme der Rentenversicherung nicht lösen, belastet künftige Rentnergenerationen und schafft himmelschreiende Ungerechtigkeiten und Arbeitslosigkeit. Die Bundesregierung steht daher zu Recht einer breiten Ablehnungsfront gegenüber. Tun Sie sich selbst einen Gefallen und folgen Sie unserem Antrag.
Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)


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