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Rede
01.06.2006 – Volker Schneider
Hochschulbaumittel gerecht verteilen

Wenn die Regierung nicht will, dass in Zukunft Abertausenden von Studierwilligen aus Platzmangel ein Studienplatz verwehrt bleibt, wenn sie nicht will, dass große Teile der Studierendenschaft nur noch auf Treppen Platz finden, wenn die Koalition nicht will, dass Studierende demnächst bei Regen massenhaft mit dem Schirm ihre Hörsäle aufsuchen müssen, dann lassen Sie uns Mittel und Wege finden, um den Hochschulbau überall in Deutschland auf eine stabile und ausreichende Finanzierungsbasis zu stellen. Volker Schneider in der Debatte zum Antrag der FDP und der Grünen zum Hochschulmittelbau und zur Wissenschaftsinfrastruktur.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor einiger Zeit las, dass sich eine Universität in unmittelbarer Nähe des Bundestages auf den Weg zur Eliteuniversität machen will, habe ich zugegebenermaßen gestutzt. Ich fragte mich: Wie soll, wie kann in diesem heruntergekommenen Gemäuer Exzellenz entstehen? (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Da kennen Sie die HU aber schlecht!) Jenen unter Ihnen, die nicht ganz so glücklich mit ihren Büroräumen hier im Bundestag sind, empfehle ich einen kurzen Fußmarsch dorthin. (René Röspel [SPD]: Hat sich nicht die PDS über die Büroräume beschwert?) – Ich habe „Unter den Linden“ hervorragende Büroräume; ich habe keine Veranlassung, mich zu beschweren. – Wie gesagt, ich empfehle Ihnen den Fußmarsch, um sich dort einige Räume anzuschauen. Es würde mich sehr wundern, wenn Sie danach auf die Idee kämen, diese Räume gegen Ihre zu tauschen. Es würde mich noch mehr wundern, wenn Sie zu dem Ergebnis kämen, dass Sie in einem solchen Umfeld optimal, kreativ und produktiv arbeiten könnten. Diese Universität ist leider kein Einzelfall; insoweit greifen beide hier vorliegenden Anträge eine zentrale Herausforderung künftiger Hochschulbildung auf. Auch wenn es langsam zu einer abgegriffenen Floskel wird: Bildung ist die wichtigste Ressource und damit eine zentrale Herausforderung für die Zukunft unseres Landes. Wir brauchen – Herr Barth, Sie haben es ähnlich formuliert – nicht länger Sonntagsreden, sondern endlich entschlossenes, konkretes Handeln. Die kreativen und intellektuellen Potenziale unseres Landes erschließen sich nicht in einer trostlosen Lernumgebung, in Lehrsälen, in denen sich seit Ewigkeiten wenig bis überhaupt nichts getan hat, wo ein simpler Anstrich unschätzbar lange zurückliegt und an ein paar wohnliche Accessoires schon überhaupt nicht zu denken ist. So verkümmern die geistigen Potenziale dieses Landes in trostloser Öde. Das können und das dürfen wir uns nicht leisten. So ist es nicht verwunderlich, dass die Hochschulfinanzierung auch in den Anhörungen zur Föderalismusreform immer wieder eine Rolle gespielt hat. Auch vor dem Hintergrund, dass, wie ein Sachverständiger dramatisch formuliert hat, ein „Studierenden-Tsunami“ bevorsteht, steht doch die drängende Frage im Raum: Wie schafft Politik verlässliche Rahmenbedingungen? Die Kolleginnen und Kollegen der FDP hat dabei anscheinend die Zuversicht verlassen, dass die nötigen Weichenstellungen noch im Rahmen der Föderalismusreform möglich sein könnten. Wie wenig man bereit sein kann, Ergebnisse der Anhörung auch nur wahrzunehmen – geschweige denn, daraus auch noch Schlüsse zu ziehen –, hat der Kollege Weinberg gestern im Bildungsausschuss demonstriert; Herr Weinberg, Sie haben es eben eindrucksvoll wiederholt. Dem Gesicht von Herrn Barth habe ich entnommen, dass er ähnlich wie ich wahrscheinlich den Eindruck gehabt hat, auf einer anderen Veranstaltung gewesen zu sein. (Uwe Barth [FDP]: Kann ich nicht gänzlich bestreiten!) Ich muss hinzufügen: Bei den Ausführungen im Bildungsausschuss haben auch in den Reihen des kleineren Koalitionspartners einige sichtlich schlucken müssen. Insoweit kann ich die Zweifel der FDP an der Einsichts- und Lernfähigkeit der Bundesregierung durchaus verstehen. Es gibt innerhalb der CDU/CSU aber auch andere Stimmen. So hat sich etwa der Ministerpräsident meines Landes, Herr Müller, deutlich anders geäußert als Sie, Herr Weinberg. Wir danken der FDP und natürlich auch den Grünen dennoch für die Vorlagen, bieten sie doch einen Einstieg, einige wesentliche Fragen der zukünftigen Hochschulfinanzierung in den Ausschüssen vertiefend zu diskutieren. Dazu nur einige Stichworte. Auch aus der Sicht der Linken benachteiligen die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Übergangsregelungen insbesondere strukturschwache Bundesländer. Was uns in den Anträgen fehlt, ist eine klare Forderung nach einer Erhöhung der Mittel für den Hochschulbau. Gerade angesichts des zu erwartenden Studierendenbergs und des Sanierungsbedarfs wird eine Finanzierung auf dem jetzigen Niveau nicht ausreichen. Kritisch wird es ab 2013, wenn nach den derzeitigen Planungen die Zweckbindung der Bundesmittel entfällt. Abschließend: Wenn Sie nicht wollen, dass in Zukunft Abertausenden von Studierwilligen aus Platzmangel ein Studienplatz verwehrt bleibt, wenn Sie nicht wollen, dass große Teile der Studierendenschaft nur noch auf Treppen Platz finden, wenn Sie nicht wollen, dass Studierende demnächst bei Regen massenhaft mit dem Schirm ihre Hörsäle aufsuchen müssen, dann lassen Sie uns Mittel und Wege finden, um den Hochschulbau überall in Deutschland auf eine stabile und ausreichende Finanzierungsbasis zu stellen. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)