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Rede
29.03.2007 – Volker Schneider
LINKE ist sich Ihrer Verantwortung bewusst

Fraktion DIE LINKE. legt eigenen Gesetzesentwurf zur Opferrente vor

Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits anlässlich der Beratung der von der Regierungskoalition eingebrachten Eckpunkte für ein Drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz habe ich für meine Fraktion festgestellt, dass die Koalition die selbst gesetzten Ziele mit ihren Vorschlägen deutlich verfehlt. Leider muss ich heute feststellen, dass Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch hinter den Ankündigungen Ihrer Eckpunkte zurückbleiben.

Am 1. März 2007 strich Kollege Scholz heraus, dass die Mittel für die Häftlingshilfestiftung aufgestockt werden. Die Umsetzung dieses Vorschlags hätte meine Fraktion begrüßt. In Ihrem Gesetzentwurf ist davon keine Rede mehr.

(Iris Gleicke (SPD): Man muss besonders wenig belesen sein, um einen solchen Satz zu sagen!)

Kollege Vaatz unterstellte der Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, dass sie bezüglich der Bedürftigkeitsprüfung einen falschen Zungenschlag in die Debatte gebracht hätte.
Ich darf Sie zitieren, Kollege Vaatz: Nach meiner Auffassung kommt es dabei auf die letzte Einkommensteuererklärung an. Das ist insofern ein völlig normaler technischer Vorgang, den man nicht zu hoch bewerten sollte. - Dann erklären Sie uns doch, Herr Kollege Vaatz, warum Sie diese Erklärung nach dem vorliegenden Gesetzentwurf gleich zweimal im Jahr einsehen wollen. Welchen Grund gibt es, diese Prozedur alle sechs Monate zu wiederholen?

(Iris Gleicke (SPD): Wenn Sie das SGB XII kennen würden, würde sich das von selbst erschließen!)

Ich wiederhole, was ich in der letzten Debatte zu diesem Thema gesagt habe: Wenn Sie wirklich eine Anerkennung durchlittenen Unrechts anstreben, dann können Sie eine monatliche Zuwendung, wie Sie es nennen, nicht vom Einkommensniveau der Bezugsberechtigten abhängig machen.
Opfer wird man nicht dadurch, dass man heute bedürftig ist. Wenn Sie wirklich „die gesellschaftliche Bedeutung des mutigen Einsatzes für eine rechtsstaatliche und freiheitliche Ordnung als beispielgebend herausstellen“ wollen, wie es der Bundesrat 2004 formulierte, ist auch eine Beschränkung der Bezugsberechtigten auf Haftopfer mit einer mindestens sechsmonatigen Haftdauer nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fraktion fordert deshalb die Einbeziehung aller Verfolgtengruppen, die bisher von den gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen oder durch diese benachteiligt wurden, wie Zivildeportierte, verfolgte Schülerinnen und Schüler und Opfer von Zersetzungsmaßnahmen. Nun sind damit haben Sie völlig recht, Kollege Dressel nahezu alle von uns vorgelegten Vorschläge nicht neu. Sie sind bereits von einigen anwesenden Kolleginnen und Kollegen vorgebracht und von den hier vertretenen Parteien behandelt worden. Aber immer wieder ist die Umsetzung solcher Vorschläge an finanzpolitischen Erwägungen gescheitert. Das galt bereits für das von der demokratisch gewählten zehnten Volkskammer der DDR 1990 einstimmig mit den Stimmen der PDS verabschiedete Rehabilitierungsgesetz.

Nun sprechen Sie mit großer Leidenschaft das war bei Herrn Dressel der Fall, und auch seine Nachfolgerin hat sich ähnlich geäußert und heftigen Emotionen meiner Fraktion das moralische Recht ab, uns an der Debatte zu beteiligen. Kollege Wieland hatte in der letzten Debatte diesen Part übernommen. Damals hat er behauptet Kollege Dressel hat es heute wiederholt, die PDS habe systematisch Parteivermögen ins Ausland transferiert, statt sie für einen Täter-Opfer-Ausgleich zu verwenden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Recht hat er!)
Das ist falsch.
(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der SPD)

Kollege Wieland weiß das nur allzu genau. Ich darf den ehemaligen CDU-Abgeordneten Dr. von Hammerstein, der von 1998 bis 2006 Vorsitzender der Unabhängigen Kommission Parteivermögen war und bestimmt unverdächtig ist, PDS-freundlich eingestellt zu sein, zitieren,

(Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat es nicht gefunden!)

der in einem Interview mit der „Südthüringer Zeitung“ in Bezug auf solche Spekulationen erklärt hat:
1995 hat die Partei einen Vergleich mit uns geschlossen und notariell versichert, dass sie alles mitgeteilt hätte, was sie wüsste. Und sie haben das verbunden mit einer Vertragsstrafe. Das hieß: Hätten wir noch etwas gefunden und nachweisen können, dass die PDS-Führung von den Geldern gewusst hat, dann hätte sie noch mal das Doppelte an Vertragsstrafe zahlen müssen.
Jetzt wird es interessant. Auf die Nachfrage „Kam es dazu?“ erklärte er weiter: Nein. Wir haben das der Partei nie nachweisen können.

(Maria Michalk (CDU/CSU): Ja, nachweisen!)

Und die Parteiführung das waren damals Gysi, Bisky und Bartsch konnte sich auf so eine Vertragsstrafe eigentlich nur eingelassen haben, wenn sie uns die Wahrheit gesagt haben. Deshalb möchte ich ihr da nichts unterstellen.

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.
(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist beendet. Wenn Sie sie verlängern wollen, können Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU):
Herr Kollege Schneider, Sie zitieren aus einem Interview mit Herrn von Hammerstein. Darf ich Sie fragen, ob Sie auch den Passus in dem Artikel kennen, der mit folgender Frage an Herrn von Hammerstein beginnt: „Was war die spektakulärste Entdeckung“? Ich zitiere die Antwort von Herrn von Hammerstein:
Vielleicht der Fall Putnik im Spätherbst 1990. Es ging um eine Moskauer Firma namens Putnik, die Konten im Ausland hatte, vor allem in Norwegen. Auf diese Konten hat die Partei Millionenbeträge überwiesen. Damit habe sie Forderungen erfüllt, die Putnik gegen die SED hätte, hieß es bei der Partei. Aber wir haben nachgebohrt. Gysi ist sogar nach Moskau geflogen. Doch in Moskau war man nicht bereit, diese Legende aufrechtzuerhalten. Gysi musste den Schwindel einräumen und die Partei die Gelder herausgeben. Das war schon ziemlich spektakulär.
Ist Ihnen dieser Passus auch bekannt?

(Manfred Grund (CDU/CSU): Ein dreistes Stück ist das! Typisch Saarländer! - Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Auch noch falsch zitieren! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):
Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, dann beantworte ich gerne Ihre Frage. Natürlich ist mir auch dieser Teil des Interviews bekannt, wie Ihnen wahrscheinlich ein weiterer Teil des Interviews bekannt ist, in dem davon die Rede ist, welche Gelder tatsächlich ins Ausland transferiert wurden und dass es sich dabei wohl um Gelder gehandelt hat, die aus der Abteilung von Schalck-Golodkowski und der Stasi transferiert wurden.

(Manfred Grund (CDU/CSU): Das ist doch eine Unverschämtheit! Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

- Wenn Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen beruhigen können, dann kann ich auch Ihre Frage beantworten.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Herr Kollege, Sie haben doch eine laute Stimme.

Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):
Soll ich noch lauter reden? Gut.
Weiter ist Ihnen bekannt auch das geht aus dem Interview hervor, dass die PDS an die Unabhängige Kommission 1,6 Milliarden Euro abgeführt hat und dass diese vorwiegend für gemeinnützige Zwecke im Osten zur Verfügung gestellt wurden, insbesondere zum Beispiel auch für die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Ist das richtig oder nicht?

(Jochen-Konrad Fromme (CDU/CSU): Frage beantworten!)
Herr Präsident, ich möchte noch einen letzten Satz sagen.

(Zuruf von der LINKEN Gegenruf von der SPD: Möchten Sie etwas zur Aufklärung beitragen, Frau Kollegin?)

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Sagen Sie doch Ihren letzten Satz!

Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):
Das ist nicht ganz so einfach, Herr Präsident.
Wir haben konsequent an der Aufarbeitung unserer Vergangenheit gearbeitet und werden das auch in der neuen Partei tun. Genau deshalb streiten wir hier auch im Bewusstsein unserer besonderen Verantwortung dafür, dass die Opfer politischer Verfolgung eine Würdigung und Wertschätzung erfahren, die ihrer historischen Rolle entspricht.

(Beifall bei der LINKEN Maria Michalk (CDU/CSU): Unglaublich!)